„Die meisten Probleme gibt es bei den Blondinen“

„Die meisten Probleme gibt es bei den Blondinen“

Friseure weiter im Lockdown: Die FN sprachen mit Petra Beuchert vom „Friseur QuerSchnitt“-Team übers Durchhalten, das „Solidarisch sein“ – und Selbstversuche ihrer Kunden

„Die meisten Probleme gibt es bei den Blondinen“

Haare tun, was sie von Natur aus nicht lassen können: Sie wachsen. „Wir schneiden gut ab“, lautet das Motto von Petra Beuchert. Allerdings darf die Friseurin genau das in der Corona-Krise nicht tun.

Von Melanie Müller

Höpfingen. Wann die Friseure nach Wochen des Shutdowns wieder unter Sicherheitsauflagen öffnen dürfen, steht in den Sternen. Und auch wenn es endlich wieder so weit sein sollte, können längst nicht so viele Kunden wie vor der Krise bedient werden, denn Gedränge darf es wegen des Abstandsgebots nicht geben, und das aufwendige Desinfizieren nach jedem Kunden kostet Zeit. Die Krise trifft die Friseure, die im Allgemeinen nicht zu den Spitzenverdienern im Handwerk gehören, hart. Und: Auch so manche Kunden leiden.

„Nachfärben würde ich selber nicht machen. Lieber grau als grün rumlaufen.“

MELANIE KEILBACH

Die FN haben Petra Beuchert in ihrem Friseurgeschäft mit dem Namen „QuerSchnitt“ in Höpfingen besucht und wollten wissen, wie es ihr und ihrem Team, aber auch ihrer Kundschaft – und vor allem deren Haaren – geht.

Inhaberin von Friseur QuerSchnitt - Petra Beuchert

Die 53-Jährige hat 1982 ihre Ausbildung bei Waltraud Eiermann in Höpfingen begonnen und 1991 ihre Meisterprüfung abgelegt. 1997 machte sich mit einem Heimservice selbstständig, im Jahr 2000 eröffnete sie ihr Geschäft in der Weingartenstraße.

Und das war – bis auf die jährlichen Urlaube – nie mehrere Wochen am Stück geschlossen. Bis der erste Lockdown kam. „Unser Terminbuch war gut gefüllt“, erinnert sich Petra Beuchert an den Tag, an dem ihr mitgeteilt wurde, dass sie ihr Geschäft in Kürze bis auf Weiteres schließen muss: „Corona-bedingt“. Bis heute – und mittlerweile befinden wir uns im zweiten Lockdown – verstehe sie nicht, warum die Friseure schließen müssen. „Das macht meiner Meinung nach keinen Sinn“, erklärt sie und fügt hinzu, was sie anders gemacht hätte: „Nach dem ersten Lockdown hätte man mehr kontrollieren und schwarze Schafe aussortieren müssen“ – jene, die die Hygieneregeln nicht wie gefordert umgesetzt und eingehalten haben. „Jetzt werden alle bestraft“, ist sie enttäuscht. Blickt aber dennoch mit Zuversicht in die Zukunft, denn: Auf ihre Kunden sei Verlass.

Apropos Kunden: Die haben ihr und ihrem Team nach dem ersten Lockdown die Treue gehalten – und so haben alle vier Friseurinnen – nachdem „QuerSchnitt“ am 4. Mai wieder öffnen durfte – in einer Art Schichtbetrieb von morgens um 6 bis abends um 22 Uhr ihr Bestes gegeben, um ihre Kunden glücklich zu machen. „Das ging den ganzen Mai durch, um alles abzufangen, was sich da angestaut hatte“, so Petra Beuchert, die hinzufügt: „Das war eine mega Herausforderung – und das wird es nach dem zweiten Lockdown wieder werden.“

Gemeinsam haben sich alle Gedanken gemacht: „Sobald der Wiedereröffnungstermin feststeht, kontaktieren wir auch dieses Mal telefonisch die Kunden. Zuerst an die Reihe kommen jene, deren Termin – Corona-bedingt – zuerst abgesagt werden musste. „Das finden wir fair so.“ Die meisten Kunden – übrigens Männer wie Frauen – seien ausdauernd und abwartend. „Wir haben uns das tatsächlich schlimmer vorgestellt“, so Beuchert, die aber nach dem ersten Lockdown durchaus die „selbst kreierten Frisuren“ des „ein oder anderen Kandidaten“ wieder richten durfte.

Petra Beuchert im Salon

„Die meisten Probleme gibt es bei den Blondinen“, schildert sie und erklärt auch gleich warum: „Schwarz ist schwarz“, beim Blondieren in Eigenregie seien ein paar Kundinnen dann doch „sehr gelbstichig“ geworden. Deshalb hätte sie dazu aufgerufen, sich zu gedulden, bis die Friseure wieder ihre Läden öffnen dürfen. Von Schwarzarbeit hält sie übrigens nichts. Auch Mitglieder ihres Teams seien angerufen und um einen Termin gebeten worden. „Dieser Umsatz fehlt in den jeweiligen Geschäften“, und das würde einen Rattenschwanz hinter sich herziehen, der bis zum Wegfallen von Arbeitsplätzen führen könnte.


Hygieneregeln


Nun sehnt das „QuerSchnitt“-Team die Wiedereröffnung herbei. Was die Hygieneregeln anbelangt, ist man bestens auf diesen Tag vorbereitet: „Schon im März 2020 haben wir uns von zwei der vier Bedienungsplätze verabschiedet, denn: Es dürfen nur zwei Kunden gleichzeitig im Geschäft sein, um den erforderlichen Sicherheitsabstand gewährleisten zu können.“

Darüber hinaus gelten die üblichen Corona-Hygiene-Schutzmaßnahmen, die das Tragen von Mund- Nasen-Schutz ebenso vorsehen wie das Desinfizieren der Hände, bevor ein Kunde ihre vier Wände betritt. Plätze, Werkzeug und Waschbecken werden nach jedem Kunden desinfiziert. Dass der Sicherheitsabstand eingehalten wird – daran hätten sich alle gewöhnt.

Damit die Kunden, gerade während des ersten Lockdowns, wo all diese Regeln neu waren, sich nicht vor den Kopf gestoßen fühlten, wurde ihnen bereits bei der telefonischen Terminvergabe mitgeteilt, worauf sie sich einstellen dürfen – beispielsweise auch darauf, dass Haarewaschen in Corona-Zeiten Pflicht ist.

Aktuell befindet sich das Team der Friseurmeisterin wieder in Kurzarbeit. Während sie beim ersten Mal – nach eigener Antragstellung – ihre Soforthilfe bekommen habe, laufe nun alles über den Steuerberater. „Da müssen wir mal gucken, was da noch auf uns zukommt.“

Geschlossen hat „Friseur Quer- Schnitt“ seit dem 16. Dezember – eine lange Zeit. Vor allem, wenn man bedenkt, dass Haare ja angeblich einen Zentimeter pro Monat wachsen. „Da gibt es schon ein paar Tricks“, so die 53-Jährige, die ihren Kunden auf Nachfrage zum Beispiel das passende Ansatz-Spray empfiehlt. Bevor ungeübte aber zur Schere – oder gar zum Färbemittel greifen – hat die Expertin einen ganz ultimativen Tipp: Und der lautet? „Durchhalten!“

Nicht doch selbst Hand anlegen? Wenn der Frust besonders groß ist? Besser nicht, denn: „Farbgeschichten sind echt schwierig“, so Beuchert. „Pony-Schneiden geht schon mal“, aber: „Hände weg von Ansätzen, wenn man es nicht gelernt hat.“

Da unsere Zeitung auch Kunden von Petra Beuchert zu Wort kommen lassen wollte, war – mit Blick auf die aktuelle Corona-Verordnung und die Ein-Personen-Besucher-Regelung – Kreativität gefragt. Ihr Mann Timo hatte die Idee: Und so wurden kurzerhand Tanja Wüst und Melanie Keilbach online „zugeschaltet“.


Da die Corona-Verordnung aktuell nur einen Besucher erlaubt, die FN aber auch Kundinnen von Friseurmeisterin Petra Beuchert (unten) zu Wort kommen lassen wollten, wurden Tanja Wüst (oben links) und Melanie Keilbach (oben rechts) kurzerhand online „zugeschaltet“. Eine von beiden hat sogar selbst zur Schere gegriffen. BILDER: MELANIE MÜLLER
Da die Corona-Verordnung aktuell nur einen Besucher erlaubt, die FN aber auch Kundinnen von Friseurmeisterin Petra Beuchert (unten) zu Wort kommen lassen wollten, wurden Tanja Wüst (oben links) und Melanie Keilbach (oben rechts) kurzerhand online „zugeschaltet“. Eine von beiden hat sogar selbst zur Schere gegriffen. BILDER: MELANIE MÜLLER


Letztere gab unumwunden zu, dass sie sofort versuchen würde, den ersten Termin zu bekommen, sobald Petra Beuchert wieder ihre Pforten öffnen darf. „Es wird aber wohl schwer werden, den zu kriegen, den will ja jeder“, schmunzelt sie. Ob sie schon mal selbst „Hand“ – beziehungsweise Schere an ihre Haare angelegt hat? „An meine nicht“, gibt sie zu. Ihre sind ja mittlerweile auch lang, und sie kann Zopf tragen. Das war vor dem ersten Lockdown noch anders. Damals hatte sie kurze Haare. Mit dem Schneiden angefangen hat sie bei ihrem Sohn, „weil der fast durchgedreht ist“. Das Ergebnis nach dem ersten Versuch? Sie bezeichnet es selbst als „katastrophal“, was aber mittlerweile besser geworden sei. „Wir üben fleißig“, und so ist nun auch schon ihr Mann in den Genuss eines von seiner Frau verpassten Haarschnitts gekommen. „Es geht schlechter“, lobt er aus dem Hintergrund. „Nachfärben hingegen würde ich selber nicht machen“, hat Melanie Keilbach entschieden und will „lieber grau“ als „grün“ rumlaufen.

„Glück gehabt“


Tanja Wüst hat nach eigenen Angaben „Glück gehabt“, denn: Sie hatte kurz vor dem zweiten Lockdown einen Termin. „Daher würde ich erst mal denen den Vortritt lassen, die länger nicht beim Friseur waren“, wenngleich sie durchaus schon „nachwachsende helle Haare“ entdeckt hat. „Lange dauert es nicht mehr, und ich greife zur Farbe.“ Schneiden? Würde sie aber lieber nicht selbst. „Weil ich’s nicht kann. Aber: Noch geht es ja.“


Corona-Krise trifft Friseure

  • „Mit dem Beschluss der Bund-Länder- Konferenz der 16 Ministerpräsidenten mit der Bundeskanzlerin vom 19. Januar bleiben die Friseursalons in Deutschland weiter geschlossen“, so der Zentralverband des deutschen Friseurhandwerks (ZV). 
  • „Die weiterhin hohe Zahl an täglichen Neuinfektionen und Todesfällen sowie die Bedrohung durch neue Virusmutationen begründen eine bundesweite Lockdown-Verlängerung bis zum 14. Februar“, heißt es auf der Internetseite, und weiter: „Wesentlicher Erfolgsfaktor für alle Maßnahmen ist dabei die Bereitschaft in der Bevölkerung, die Maßnahmen in ihrem Alltag umzusetzen, so dass das Virus wirklich keine Chance zur Verbreitung hat. Aber: Für das Friseurhandwerk verschärft sich die aktuelle Situation damit erneut.“ 
  • Knapp 70 Prozent der Deutschen würden regelmäßig zum Friseur gehen. Dies zeige die Wichtigkeit der Branche für die Verbraucher. „Um Schwarzarbeit zu verhindern, müssen die Friseure so schnell wie möglich wieder öffnen und in ihren Salons sichere Friseurdienstleistungen anbieten“, drängt Harald Esser, Präsident des ZV. „Dies ist vor allem auch im Sinne der Pandemiebekämpfung geboten. Nur in professionellen Salons sind Friseurdienstleistungen heutzutage sicher.“ mem
Quelle: www.fnweb.de